von Magne van den Berg
Zusammenfassung
In Das lange Nachspiel einer kurzen Mitteilung kündigt ein Mann innerhalb einer kleinen Gemeinschaft sein Fortgehen an. Die Nachricht setzt Dinge in Bewegung, die möglicherweise nie ins Rollen gekommen wären, hätte der Mann seine Pläne nicht mitgeteilt. Dadurch, dass eine Person aus der Gruppe mit dem Gedanken spielt, die Gemeinschaft zu verlassen, werden sich die Anderen ihres eigenen Bleibens bewusst. Was immer selbstverständlich war, wird jetzt zu einer Entscheidungsfrage. „Da sein“ wird zu „da bleiben“. Und dadurch müssen sich alle aufs Neue einander und ihrem Standort gegenüber verhalten.
Das lange Nachspiel einer kurzen Mitteilung besteht aus einer Reihe von Dialogen, die immer zwischen zwei Figuren geführt werden. Jeder Dialog ist eine Begegnung, jede Begegnung bewertet die vorhergehende und wirft ein anderes Licht auf sie. Die Figuren beeinflussen sich in ihren Meinungen und Vorstellungen. Gruppenverhalten und subjektive Meinungen ziehen an uns vorüber.
Der Text für drei Männer und eine Frau basiert auf dem Gedanken, dass die Entscheidung einer einzigen Person die Selbstverständlichkeiten der Anderen in Frage stellt und Emotionen weckt. Freundschaften werden auf die Probe gestellt, Liebschaften kommen ans Licht, es wird gebeichtet und verraten. Man verliert sich selbst und auch einander.
Die Redaktion über ihre Auswahl:
Das lange Nachspiel einer kurzen Mitteilung fällt sofort wegen der wichtigen Rolle auf, die der Sprache zukommt. Man könnte den Sprachgebrauch als kondensiert bezeichnen. Die Texte bestehen häufig aus einem einzigen Satz, manchmal sogar nur aus einem Wort. Die Sprache ist nüchtern, rhythmisch und enthält, auch wenn die Wortwahl eher banal als gehoben ist, ein gewisses Maß an Abstraktion. Aus dieser kondensierten Sprache entsteht das Universum, in dem das Stück spielt. Ein Universum, das dauerhaft von einer Leere umgeben zu sein scheint. Anstatt, dass existierende Beziehungen zu den Dialogen führen, scheinen die Beziehungen untereinander aus der Sprache zu entstehen. Magne van den Berg gelingt es, maximalen Effekt und Bedeutung aus einem Minimum an gesprochenem Wort zu filtern.
Das lange Nachspiel einer kurzen Mitteilung behandelt die Frage, was in dem Verhältnis der vier Figuren geschieht, wenn eine Person den anderen mitteilt, er „trage sich mit dem Gedanken, von hier wegzugehen“. Das Stück untersucht, wie das Fundament der Gruppe dadurch ins Wanken gerät und entblößt Schritt für Schritt die verschiedenen Persönlichkeitsstrukturen und die Verhältnisse der Personen untereinander. In dem von der Autorin heraufbeschworenen gedämpften Miniuniversum werden im Vorbeigehen universelle Themen angeschnitten. Die Angst vor Veränderung, die Angst, bestehende Strukturen zu verlieren. Aber auch, inwiefern die eigene Persönlichkeit durch das Zutun der Anwesenheit des Anderen existiert.
Ein wichtiges Merkmal von Magne van den Bergs Arbeit ist die Stille. In den Dialogen wird zwischen den Figuren immer eine tiefe, unterschwellige und unausgesprochene Spannung fühlbar, in der das Unausgesprochene häufig genauso viel oder so wenig aussagt wie das Gesprochene. Um Schmerz zu zeigen, braucht es nur wenige Worte. Die Redaktion ist beeindruckt von der Reinheit des Textes, der Konsequenz, mit der van den Berg ihre Sprache verwendet, und dem Tiefgang, der über diese stringenten Form erreicht wird.